Sonntag, 1. Juni 2014

Stellensuche und -Besetzungen im Web 2.0


Die Presse beherrschenden Schlagzeilen über Social Media, Facebook, Twitter, Xing und Co. bestätigen eindrucksvoll, dass ein Wandel des Medienzeitalters nicht erst begonnen hat, sondern bereits in vollem Gange ist und verschiedene Lebensbereiche vollständig umstrukturiert hat. Das gilt insbesondere auch für die Stellen suchenden Privatleute und Bewerber suchenden Unternehmen.

Hier hat sich vieles getan. Gab es früher je nach konjunktureller Lage einen großen Stellenangebotsteil in überregionalen und regionalen Tageszeitungen, überwiegend in der Wochenendausgabe, verzeichnet die Branche heute stark rückläufige Buchungseingänge von suchenden Unternehmen. Dies trifft besonders die überregionale Tagespresse, ihre regionalen Kollegen stehen etwas besser da.

Die Ursache ist schnell erläutert: Die Schaltung von Anzeigen auf Online-Stellenbörsen ist ungleich günstiger und erreicht eine wesentlich höhere Kontaktzahl. Ob der „Klick“ von einem überregional suchenden Onlinebenutzer allerdings enger an der adressierten Zielgruppe liegt, sei erst einmal außer Acht gelassen.

Online-Botschafter großer Unternehmen, wie z.B. der Otto-Gruppe, verblüffen auf einschlägigen Tagungen eher konservativ handelnde Personaler damit, dass schon seit Jahren keine Stellenanzeigen mehr als Printanzeigen verbreitet wurden. Otto wählt stattdessen die Form der Online-Anzeige in einschlägigen Online-Stellenbörsen wie Monster oder Stepstone. Aber dabei belässt es Otto keinesfalls. Ganze Heerscharen von Mitarbeitern testen jedes erdenkliche Onlinemedium auf seine Eignung (Facebook, twitter, youtube, …), um die frohe Kunde des Unternehmens und seiner zufriedenen Mitarbeiter zu verbreiten in der Hoffnung, Nachwuchskräfte und künftige Leistungsträger für eine Beschäftigung bei Otto zu begeistern.

Und das belegen aktuelle Zahlen eindrucksvoll. Monster, Stepstone und Co. sorgten für eine Vervielfachung von Stellenanzeigen gegenüber den klassischen Printmedien. Bewerber können aus tausenden und abertausenden Jobs einer Plattform aussuchen, ohne Geld auszugeben. Der Gang zum Kiosk ist zumeist aus Gründen der Jobsuche für viele überflüssig geworden.

Kritisch darf betrachtet werden, ob auch alle gesuchten Zielgruppen mit dieser oder jener Online-Form der Stellenwerbung erreicht werden.

Eine Ausnahme bieten die regionalen Tageszeitungen mit ihrem Stellenteil, das überwiegend Arbeitssuchende der unmittelbaren Region ansprechen. Diese Anzeigen wirken gezielt auf die gesuchte Kandidatengruppe vor Ort.
Auch ist es schwer vorstellbar, dass Führungskräfte sich von Firmenpräsenzen auf Facebook oder zwitschernden Berufsanfängern, selbst wenn sie erreicht würden, angemessen angesprochen fühlen.

Fach- und Führungskräfte verfolgen eine andere „Online-Strategie“. Sie haben für sich das Web 2.0 als Egowerbeplattform entdeckt und den Spieß umgedreht. Ihr Ansatz: An verschiedenen Stellen im Netz wird mehr oder weniger detailliert das persönliche CV veröffentlicht und ergänzt um Visionen und Aufforderungen zur Kontaktaufnahme.

Auf dieses Klientel spezialisierte Anbieter haben Tools entwickelt, sie eine Selfpromotion einzelner Personen ermöglichen. Ganz vorne in Deutschland liegt Xing mit seinem Online-Angebot. Viel größere, aber in Deutschland noch nicht so verbreitete internationale Netzwerke professioneller Berufstreibender wie LinkedIn, Plaxo und Viadeo sind bereits am Markt aktiv, ständig auf der Lauer, um Xing seinen Platz als führende Business-Plattform im wichtigsten Markt Europas abzujagen.

Auch die „klassischen“ Online-Stellenbörsen haben reagiert. Monster, Stepstone, Stellenmarkt und Experteer bieten kostenlos für Privatpersonen an, den Lebenslauf zu hinterlegen und um Vorstellungen für eine Anschlussbeschäftigung, vielfach mit Angabe eines Gehaltswunsches, aufzunehmen.

Ein Zugriff auf diese „Lebenslaufdatenbanken“ wird wiederum Unternehmen kostenpflichtig angeboten, um ganz gezielt die für sie besonders geeigneten Kandidaten herauszufiltern und zur Abgabe Ihrer Bewerbung zu bitten.

Das klingt auf den ersten Blick ideal, doch der Teufel steckt hier im Detail. Welches Unternehmen will schon seine Mitarbeiter auffordern, zu Kandidaten für offene Stellen diese an Ihrem Arbeitsplatz direkt vom Wettbewerber abzuwerben? Abgesehen von rechtlichen Konsequenzen, die im Einzelfall eine Direktansprache von Unternehmen zu Unternehmen unterbinden, wird es im Allgemeinen als schlechter Stil verstanden, wenn Unternehmen offensichtlich direkt abwerben.

Das ist auch ein wichtiger Grund, warum die Nachfrage nach Online-Recruiting Dienstleistern in den vergangenen Jahren stark angestiegen ist. Wurde früher von Headhuntern nur unter vorgehaltener Hand und immer mit ein wenig Stolz, dass man selber in deren Visier geraten ist, gesprochen, so ist es heute für die meisten Leistungsträger eine Selbstverständlichkeit, quasi wöchentlich mindestens einmal mit einem Headhunter zu telefonieren und über einen neuen Job zu sprechen.

Verlieren nach den Tageszeitungen nun auch die Online-Stellenbörsen an Bedeutung? Das scheint zum derzeitigen Zeitpunkt in der Tat eine Bedrohung zu sein.

Die sozialen Berufsnetzwerke sind heute wegen der sehr geringen Streuung ideal geeignet, um relevante Bewerbergruppen anzusprechen. Das senkt die Zahl der zu behandelnden Bewerbungseingänge mit den offensichtlichen Zeit und Bearbeitungsvorteilen. Professionelle Online-Recruiting Agenturen erledigen den Job effizient und sorgen für einen stetigen Zustrom ausgewählter Kandidatenvorschläge.

Man darf gespannt sein, wann weitere Entwicklungen im Internet auch diese Form der Kontaktschließung zwischen Unternehmen und Kandidaten auftauchen und die heutige Form der Mitarbeitersuche weiter beeinflussen. Eine stetige Beschäftigung mit der neuen Technologie ist für alle Parteien im Berufsleben zwingend.